Nachgefragt bei Dr. Jan Tetsch, Präsident der Jahrestagung des Landesverbandes NRW
Sie haben fünf Themen ausgewählt, von Aspekten der Ästhetik bis zu den Zahnnichtanlagen, die auf der Tagung diskutiert werden sollen. Gibt es eine Brücke, die diese Themen verknüpft ?
Das ist eine gute Frage, die einfach zu beantworten ist. Als Tagungspräsident habe ich die Möglichkeit, die Themen und Referenten auszusuchen, die ich selbst interessant und spannend finde. Wenn Sie es so wollen, ist diese Tagung also meine persönliche Fort- und Weiterbildung bei den absoluten Spezialisten auf dem jeweiligen Gebiet. Die Themen sind zudem in meinen Augen so gewählt, dass deutlich wird, wie wir die Grenzen der Behandlungsmöglichkeiten wieder einmal verschieben.
Auf welchem der Gebiete ist diese Entwicklung besonders ausgeprägt?
Das ist eindeutig beim digitalen Workflow der Fall. Wir ersetzen zunehmend analoge und konventionelle Behandlungswege. Das ist auch ein Thema, das ja nicht nur meine Kolleginnen und Kollegen betrifft, sondern auch und besonders die Zahntechnik. Mir scheint, dass ein ganzer Berufstand sich gerade verändert und die Zahntechnikerinnen und Zahntechniker mittlerweile mehr Informatiker und Künstler als Handwerker sind. Hier sehe ich noch weiteres großes Entwicklungspotential.
Welches wichtige Problem wurde inzwischen weitestgehend gelöst und muss darum vor allem präsentiert und diskutiert werden?
Ein wichtiges Thema ist die individuelle interdisziplinäre Therapie, die absolut zum Standard geworden ist. Ein Beispiel dafür sind die Nichtanlagen. Diese werden meistens im Zahnwechsel bemerkt. Angesichts einer Prävalenz von 5,5 Prozent in der Bevölkerung haben wir mit den Betroffenen eine sehr große Patientengruppe vor uns. In diesen Fällen beraten wir routinemäßig mit Kolleginnen und Kollegen verschiedener Fachrichtungen, welche Behandlungsstrategie für den jeweiligen Patienten die beste Lösung ist. Lückenschluss oder Lückenöffnung, Ästhetik und Funktion, Wachstumsmuster und die Relation von Kiefergröße zur Zahngröße spielen eine wichtige Rolle bei den Entscheidungen. Die Implantologie als integraler Bestandteil der Zahnheilkunde spielt dabei auch eine Rolle.
Ihnen liegt das Thema „Implantate im Wachstum“ am Herzen. Darum ist ihm eine Pro und Contra-Session gewidmet, die Sie mit Prof. Khoury bestreiten. Wird das Auditorium in dieser Debatte neue Argumente hören?
Das Thema Implantate im Wachstum – frei nach Heraklit „panta rhei“ – ist in einer laufenden Entwicklung und meine persönliche Lernkurve auch nach 20 Jahren bestimmt noch nicht beendet. Trotzdem ist die Therapie der prospektiven Implantatpositionierung so weit perfektioniert, dass wir große Patientenzufrieden erzeugen und das mit geringem therapeutischem Aufwand. Der Konflikt Wachstum versus Atrophie ist in meinen Augen gelöst und so bin ich bin gespannt, was Prof. Khoury diesmal als Contra mitbringt. Bei unserer ersten Disputatio 2019 hat er mich mit Autotransplantationen überrascht. Es bleibt also spannend. Darum sind die Disputationen tolle Bestandteile unserer Kongresse geworden. Die Themen werden aus verschiedenen extremen Blickrichtungen kurzweilig auf den Punkt gebracht.
Welches Problem werden Ihre Kolleginnen und Kollegen nach dem Besuch der Tagung nicht mehr haben?
Der Kongress erweitert in jedem Fall den zahnärztlichen Horizont der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und schärft den Blick auch über die eigene Behandlungskomfortzone hinaus. Die ästhetische Zahnheilkunde und die entsprechenden Behandlungen werden step by step so dargestellt, dass jeder im Anschluss einen Fahrplan für sich persönlich entwickeln kann, wie der richtige implantologische Weg nach einem Zahnverlust ist.
Die Jahrestagung des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen findet am 28./29. April in Münster statt. Informationen & die Anmeldung gibt es hier.