Vier Fragen an PD Dr. Dr. Paul Weigl
Warum hat Ihr Thema „Mit minimalinvasivem Workflow zur Implantat-verankerten Einzelkrone“ an Bedeutung gewonnen?
Weltweilt – und damit auch hierzulande – wünschen Patienten und Patientinnen einen minimalen Eingriff mit wenig postoperativen Schmerzen, Schwellungen, oder sonstigen Komplikationen. Ebenso wünschen sie sich möglichst wenige Praxistermine. Die sogenannte „One-Stop-Solution“ – ein Implantat samt Zahn an einem Tag – war für Patienten schon immer attraktiv. Daher ist dieses Therapiekonzept in der Vergangenheit schon öfters thematisiert worden – und führte allerdings leider häufig zu klinischen Misserfolgen. Kurz: es hinterließ zurecht „verbrannte Erde“.
Der im Kurs gelehrte Ansatz der navigierten Implantatinsertion verfolgt daher eine neue Zielsetzung. Bei einem Einzelimplantat besteht zwar für dieses Vorgehen überhaupt keine chirurgische Notwendigkeit, doch die Vermeidung eines Schleimhautlappens und die extrem schnelle Bereitstellung des Abutments samt temporärer Krone ist für die Patienten sehr vorteilhaft und wird von ihnen positiv wahrgenommen. Daher wird dieses Vorgehen auch hier in Deutschland stark an Bedeutung gewinnen – in Asien ist das bereits der Fall.
Welche Entwicklungen in diesem Bereich sind besonders wichtig und verdienen Beachtung?
Erstens, die Entwicklung von Implantatsystemen mit einem Makrodesign, die eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit für sofortbelastete Einzelzahnkronen aufweisen. Mit anderen Worten: es geht um die Entwicklung von Implantaten, die ein sogenanntes „aggressives“ Gewinde vor allem im apikalen Bereich haben (z.B. Straumann BLX, Nobel Active, ICX Active, Camlog Progressive Line; Megagen Anyridge, etc.)
Zweitens gewinnt die Auslagerung der virtuellen Planung für eine navigierte Implantologie an ein Implantatunternehmen oder Dentallabore an Bedeutung.
Dazu gehört auch die Zusammenstellung von Boxen mit allen Medizinprodukten für die Therapie: Implantat, Bohrer, Schablone, Abutment, Krone. Damit wird ein zeitaufwändiges Heraussuchen aus dem Implantat-Bestellkatalog vermieden.
Auch die Entwicklung der Gender-Verteilung in der Zahnmedizin wird sich auswirken. Zahnärztinnen haben in der Regel eine höhere Affinität für die minimalinvasive Chirurgie als ihre Kollegen. Dadurch wird das im Kurs vorgestellte Therapiekonzept sicherlich in der Breite an Beachtung gewinnen.
Wenn Sie eine persönliche Leitlinie zu Ihrem Thema schreiben müssten: Welche Empfehlung und welche Warnung würden darin auf gar keinen Fall fehlen?
Die Selektion der Patientenfälle ist sehr wichtig. Man muss – erstens – erkennen, dass weder anatomisch noch ästhetisch eine zwingende Indikation für eine Augmentation von Knochen und/oder Weichgewebe in regio des geplanten Einzelimplantats besteht.
Zweitens ist es wichtig, zunächst eine Ausbildung im Bereich der navigierten Implantatinsertion zu absolvieren. Dies ist für den erforderlichen Kompetenzgewinn nötig.
Drittens gilt es, ausschließlich Implantate mit langen horizontalen Gewindeflanken im apikalen Drittel zu verwenden und darauf zu achten, dass jede sofort eingesetzte Einzelkrone eine ausgeprägte Infraokklusion (> 1 mm) aufweist.
Last but not least sollten Kolleginnen und Kollegen, die dieses Konzept anwenden, trotz navigierter Chirurgie und lappenfreier Implantatinsertion über basale oralchirurgische Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen, die bei Komplikationen wie einer arteriellen Blutung erforderlich sind, um die Therapie so risikoarm wie möglich durchführen zu können.
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Welche Probleme werden die Teilnehmer Ihres Kurses in der Zukunft nicht mehr haben oder einfacher lösen können?
1. Patienten und Patientinnen mit postoperativen Schmerzen, Schwellungen oder anderen chirurgisch bedingten Komplikationen des peri-implantären Weichgewebes
2. Nahtentfernung
3. Risiken durch eine freihändig durchgeführte Osteotomie mit fehlerhafter Achsrichtung oder Länge der Bohrer
4. Zeitverlust und Risiken durch eine Chairside-Herstellung von temporären Kronen
Der Kurs „Mit minimalinvasivem Workflow zur Implantat-verankerten Einzelkrone“ findet am 25. November 2023 in Frankfurt/Main statt.
Information & Anmeldung: minimalinvasiver-prothetischer-workflow-2023